In unterschiedlichen Zusammenhängen war ein Aufeinandertreffen von männlichen und weiblichen Häftlingen möglich. Bis zur Einrichtung einer Revierbaracke innerhalb des Männerlagers wurde das Krankenrevier des Frauenlagers für die Behandlung von männlichen Häftlingen genutzt. Auch nachdem im Männerlager eine Revierbaracke zur Verfügung war, führten SS-Ärzte weiterhin Operationen an männlichen Häftlingen im Krankenrevier des Frauenlagers durch.
Ebenfalls bei handwerklichen Einsätzen männlicher Häftlinge im Frauenlager oder in lagereigenen Betrieben konnten die Häftlinge aufeinandertreffen. Häftlinge, die als Lagerläufer:innen Zwangsarbeit leisteten, bewegten sich ebenfalls durch den gesamten Lagerkomplex. Dadurch hatten sie Zugang zu den geschlechtergetrennten Bereichen und konnten mit Häftlingen in Kontakt treten.
Auch bei Arbeitseinsätzen außerhalb des Lagers kam es – teils zufällig – zu Begegnungen und Kontakten. Eine Möglichkeit in Kontakt zu treten, war die sogenannte Lagerpost. Dies war jedoch mit dem großen Risiko einer Strafe durch die SS für die Häftlinge verbunden. Der Austausch der Lagerpost fand zum Beispiel bei Arbeitseinsätzen der männlichen Handwerkerkommandos statt.
Durch diese Möglichkeiten des Kontakts und des Austausches konnten die Häftlinge den Zustand der anderen sehen. Katharina Jacob erinnerte sich, wie sie kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs männlichen Häftlingen begegnete:
“Eines Tages begegnet uns auf dem Weg zu einer Arbeit ein lang auseinandergezogener Zug männlicher Häftlinge. Mir fehlen die Worte, um den Elendszug zu beschreiben. Aber ich sehe ihn in seiner ganzen Entsetzlichkeit noch vor mir. [...] Sie torkeln nur, haben Kameraden untergefasst, die dem Umfallen noch näher sind. Einige schleppen sie an den Händen und Füßen mit. Ihre Hände und Augen bitten um Trinken und Brot, die mühselig geformten Worte sind kaum zu verstehen. [...] Einige Frauen machen Anstalten, zu den Männern zu laufen. Wir werden brutal weitergetrieben. Ein Inferno: das Geschrei der SS und der Aufseherinnen, die laut kläffenden Hunde, die die Gefangenen anspringen. [...] So absurd es klingen mag, die Begegnung hat trotz allem Schrecklichen Zuversicht hinterlassen. Eine sagt laut: ‘Es kann nicht mehr lange dauern!’ Wenn wir zurücksehen, reckt sich im Männerzug ab und zu eine Faust.”
Trotz des Kontaktverbots und der Unterbindungen dessen durch die SS, konnte es weiblichen Häftlingen gelingen, männliche zu unterstützen: Artur Radvansky berichtete zum Beispiel, wie es Häftlingen aus dem Frauenlager gelang Eimer mit Essen und Kaninchenfutter durch den doppelten Stacheldrahtzaun zu schieben.
Eine Kontaktaufnahme zwischen männlichen und weiblichen Häftlingen war unter den harten Bedingungen nicht einfach. Beteiligte Häftlinge wie Walter Winter oder Emanuel Kolařík setzten sich einer zusätzlichen Gefahr aus, wenn sie mit weiblichen Häftlingen sprachen oder die Lagerpost verbreiteten.
Auch in den Außenlagern Ravensbrücks gab es Kontakte zwischen männlichen und weiblichen Häftlingen: Im Außenlager Barth, in Mecklenburg-Vorpommern, waren sowohl Männer als auch Frauen untergebracht und zur Zwangsarbeit eingesetzt. Die meisten Lagerbereiche waren streng voneinander getrennt. Jedoch teilten sich das dortige Männer- und das Frauenlager eine Küche, wo sie heimlich Briefe austauschten.